Deichschau in Boizenburg


Natur- und Hochwasserschutz zusammen denken

Auf der heutigen Frühjahrdeichschau in Boizenburg betonte Minister für Landwirtschaft und Umwelt Dr. Till Backhaus, wie wichtig es ist, dass Natur- und Hochwasserschutz beim Kampf gegen Überflutungen gemeinsam praktiziert werden. „Nachhaltiger Hochwasserschutz muss das gesamte Flusssystem in den Blick nehmen. Bäche und Flüsse müssen wieder mäandrieren können, Flusssohlen stabilisiert, die Fließgeschwindigkeit verlangsamt und Flächen entsiegelt werden“, so der Minister.

Als vorbildhaft bezeichnete er die Pläne über den Bau eines neuen Deiches zwischen dem Schöpfwerk Boizenburg und dem Ortsteil Gothmann, bei dem gleichzeitig 74 ha Fläche dem natürlichen Überflutungsregime der Elbe preisgegeben werden soll. Profitieren würden die Einwohner Boizenburgs, Flächenbewirtschafter entlang der Sude und im Winterpolder Boizenburg sowie der Naturschutz. Die Baumaßnahme wird vom StALU Westmecklenburg durchgeführt werden und vom Land mit 14,5 Mio. Euro finanziert.

Seit 1991 hat das Land rund 110 Mio. Euro für den Ausbau und die Unterhaltung der Hochwasserschutzanlagen an der Elbe und den Rückstaubereichen bereitgestellt. „Doch Hochwasserschutz bleibt eine Daueraufgabe“, betonte Minister Backhaus. Das habe das Hochwasserereignis vom Juni 2013 gezeigt, das Schäden von rund 5,2 Mrd. Euro verursacht hat.

„Unsere Anlagen haben zwar gehalten, aber wir mussten feststellen, dass die gemessenen Wasserstände höher ausfielen, als zur Bemessung der Anlagen zugrunde gelegt. Am Pegel Boizenburg waren es 7,32 Meter, also 52 cm über dem Bemessungswasserstand. Bis zur Deichkrone bzw. Oberkante Hafenmauer waren es nur noch 48 cm. Dieser Abstand sollte jedoch mindestens 1m betragen“, erinnerte Backhaus.

Nicht zuletzt wegen dieses Extremereignisses haben die Elbeminister beschlossen, die Hochwasserwahrscheinlichkeitsstatistik der Elbe, deren Aufzeichnungen bis in das Jahr 1900 zurückreichen, überprüfen zu lassen. Berücksichtigt werden sollen darin künftig auch die Speicherkapazitäten der Talsperren in Tschechien, Sachsen und Thüringen. Dies sei bisher nicht der Fall gewesen. Der Abschluss dieser Überprüfung wird für September 2017 erwartet.

„Als Anlieger im Unterlauf der Elbe müssen wir dafür Sorge tragen, dass der Hochwasserabfluss möglichst schadlos das Land in Richtung Nordsee passieren kann. Auch das Vorland, also der Bereich zwischen Deich und Mittelwasserprofil muss für den Hochwasserabfluss passierbar sein“, erklärte der Minister. Dabei spiele auch der Bewuchs eine Rolle. Dieser habe sich seit Beginn der 90ziger Jahre ungezügelt entwickelt, was auf den Abfluss insbesondere bei Hochwasser nicht ohne Wirkung bleibt. Bereits 2002 wurde errechnet, dass der Aufstau durch die Verbuschung rund 45 cm am gemessenen Wasserstand betrug.

„Damit wir anderseits der natürlichen Entwicklung im Biosphärenreservat untere Elbe nicht im Wege stehen, müssen wir uns einzelne Bereiche genauer anschauen und dann entscheiden, wo Bewuchs zugelassen werden kann oder zurückgeschnitten werden muss, um Wasserstandsaufhöhungen zu vermeiden.

Um einen Kompromiss aus Schutz der Natur und Hochwasserschutz im Interesse der Kulturlandschaft zu finden, schreibt das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt das Hochwasserschutzkonzept aus den 1990iger Jahren, fort. Ebenso arbeiten Wasserwirtschaft und Biosphärenreservatsverwaltung auch an einem Vorlandmanagementplan. Ziel ist es, Bereiche im Vorland zu identifizieren, in denen eine Auenwaldentwicklung zugelassen werden kann und Bereiche, die für den Hochwasserabfluss frei gehalten werden müssen.

Hintergrund

Die Deichschau dient der Prüfung des ordnungsgemäßen Zustandes der Deiche einschließlich der anderen Hochwasserschutzbauwerke wie Schöpfwerke, Flutschleusen und Deichsiele in der Örtlichkeit.

Die Kommission wird im Rahmen der Schau den Unterhaltungszustand und die Funktionssicherheit der Hochwasserschutzanlagen für die bevorstehenden möglichen Hochwasser in Augenschein nehmen und analysieren.

Auf dem Kontrollprogramm stehen: u. a.: in Boizenburg der Hafendeich, die sanierte Thielsche Schleuse sowie die bevorstehende Sanierung Schöpfwerk Gothmann.

Im Schaubereich Dömitz wird am 24. Mai u. a. die bis dahin fertig gestellte Deich- und Hochwasserschutzwand Heiddorf in Augenschein genommen. Überprüft wird ebenfalls der Abarbeitungsstand der Festlegungen aus dem Protokoll der Herbstdeichschau 2016.

Der Schaukommission gehören an:

- Vertreter des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt,
- des Landkreises Ludwigslust-Parchim,
- des Landesamtes für Brand- und Katastrophenschutz,
- der Kommunen im Schaubereich,
- der Bundeswehr, der Wasserschutzpolizei,
- der Wasser- und Bodenverbände, des Wasser- und Schifffahrtsamtes,
- der zuständigen Behörden und Verbände für den Hochwasserschutz der benachbarten Bundesländer Brandenburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein
- sowie der Staatlichen Ämter für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Schwerin - 10.05.2017
Text: Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt