Landwirtschaft muss sich lohnen


Minister Dr. Till Backhaus (SPD): Landwirtschaft muss sich lohnen und soziale Ansprüche erfüllen

„Mecklenburg-Vorpommern ist ein prädestinierter und leistungsfähiger Agrarstandort. Aus 1.055 Landwirtschaftsbetrieben der DDR mit 183.000 Beschäftigten zur Wende entwickelten sich bis heute 4.900 Agrarbetriebe unterschiedlichster Größe und Produktionsausrichtung mit 24.000 Beschäftigten. Die Standorte der Tier- und Pflanzenproduktion sind mit modernster Technik und damit für den Wettbewerb in Europa gut gerüstet.“ – Mit diesen Worten würdigte Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus heute auf dem Bauerntag in Linstow die Arbeit und Verdienste der Branche.

Die Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern ist ein sehr erfolgreicher Wirtschaftsbereich, der seit der Wiedervereinigung von Wachstum geprägt war. So wurden mit 274 Mio. € Fördermitteln und 216 Mio. € zinsverbilligten Darlehen Investitionen in einem Gesamtumfang von 1,81 Mrd. € ausgelöst. „Es ist wichtig zu verstehen, dass sich Landwirtschaft lohnen muss, denn nur wettbewerbsfähige Betriebe können letztlich den wachsenden gesellschaftlichen Ansprüchen an Nachhaltigkeit, Tierwohl, Qualitätsproduktion, Umweltschutz und Innovation gerecht werden“, betonte Backhaus.

Ein Dauerbrenner in der Landwirtschaft ist das Thema Boden: „Innerhalb von 5 Jahren sind die Hektarpreise um fast 120 % gestiegen – haben sich also mehr als verdoppelt. Die Preisentwicklung ist alarmierend!“, resümierte der Minister. Hat ein Hektar Boden 2010 noch rund 9.000 € gekostet, sind es heute bis zu 20.000 €. Doch nicht nur Boden, sondern ganze Betriebe wandern in das Eigentum überregional aktiver Konzerne. „Wie wollen wir den Nachwuchs in der Landwirtschaft sichern, wenn er nicht in der Lage ist, einen Betrieb zu gründen, weil sich das viele Land in den Händen einiger weniger befindet?“, gab Backhaus zu Bedenken. Sein Ressort arbeitet intensiv an Eckpunkten für ein Gesetz zur Sicherung und Verbesserung der Agrarstruktur.

Tiefe Spuren hat auch die Milchkrise hinterlassen: „Allein zwischen 2015 und 2016 haben hierzulande 24 Betriebe die Milchproduktion eingestellt, deutschlandweit waren es über 4.000. Der Milchviehbestand in MV ist um 9.300 Tiere gesunken, in der gesamten Republik sogar um fast 67.000 Tiere. Der Verlust pro Kuh in MV war mit über 1.200 € größer als anderorts, da der Milchpreis geringer mit 27,82 ct/kg war und die Milchleistung mit 9.500 kg viel größer. Insgesamt sind in MV dadurch über 11 Mio. € verloren gegangen“, informierte Backhaus.

Aktuell liegen die Milchauszahlungspreise bei 32 Cent/kg. Dies ist immer noch zu gering, um überhaupt mit der Tilgung von Verbindlichkeiten zu beginnen, so der Minister. Bereits im vergangenen Jahr hat er deshalb das Bundeskartellamt mit dem Ziel eingeschaltet, die genossenschaftlichen Vertragsbeziehungen überprüfen zu lassen.

„Es darf nicht sein, dass das finanzielle Risiko im Wertschöpfungsprozess vor allem auf den Schultern der Rohstofflieferanten, also den Milch- und Schweinebauern, lastet. Hier muss es zu einer gerechteren Verteilung und einer Stärkung auf Erzeugerseite kommen. Der jüngst vom Bundeskartellamt vorgelegte Untersuchungsbericht über die genossenschaftlichen Milchlieferbeziehungen bestätigt meine Position. Er unterstützt unsere Forderungen nach verbindlichen Regelungen zu Menge, Preis, Kündigungsfristen, Qualität und Lieferkonditionen“, sagte Backhaus.

Auch wiederholte er seine Forderung, das europäische Recht, speziell Art. 148 der Gemeinsamen Marktordnung, dahingehend zu ändern: „Ausnahmeregelugen für Genossenschaften müssen entfallen. Landwirte und Verarbeiter müssen sich endlich auf Augenhöhe begegnen; Risiken aus dem Marktgeschehen müssen gleichmäßig auf beide Partner verteilt werden!“. Enttäuscht zeigte sich Backhaus darüber, dass die Änderung des Art. 148 – entgegen den Absprachen auf der Sonder-AMK in Brüssel im Juli 2016 mit Kommissar Hogan – im Bericht der von der EU eingesetzten Task Force „Landwirtschaftliche Märkte“ keine Erwähnung findet.

Ein weiteres zentrales Thema, das Minister Backhaus auf der am Freitag (31. März) in Hannover stattfindenden Agrarministerkonferenz intensiv diskutieren wird, ist die künftige Ausrichtung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP). Noch bis zum 2. Mai kann sich jeder in Europa über ein von EU eingerichteten online- Konsultationsverfahren an der Diskussion beteiligen. „Ich erwarte hier von jedem Kreisbauernverband eine Stellungnahme! Wer schweigt, wird nicht wahrgenommen“, warnte der Minister.

Backhaus sprach sich für eine Politik aus, die zuerst die europäischen Ziele formuliert, dann die dafür zu erbringenden Leistungen in Maßnahmenprogrammen beschreibt und davon ausgehend, das Geld für die Landwirte als Leistungserbringer bereitstellt. „Das verstehe ich unter dem Prinzip ‚öffentliches Geld für öffentliche Leistungen‘.“ Auch müsse den Regionen mehr Flexibilität und Vertrauen zugestanden werden, damit sie auf regionale Herausforderungen schneller und gezielter reagieren können. Der Austritt der Briten 2019 bedeute zudem nicht nur rund 10 Mrd. Euro weniger Einnahmen pro Jahr, agrarpolitisch fehle damit auch ein wichtiger Partner für die Wettbewerbsorientierung der GAP.

Schwerin - 30.03.2017
Text: Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt


Agrarpolitik muss Ökonomie, Ökologie und soziale Verantwortung vereinen


Über 40 Tagesordnungspunkte, zwei intensive Verhandlungstage und im Mittelpunkt stand zunächst auf Antrag Mecklenburg-Vorpommerns das aktuelle Geflügelseuchengeschehen. „Wir haben die Geflügelpest noch nicht ganz überstanden, die Lage entspannt sich jedoch zum Glück langsam. Allerdings werden wir uns darauf einstellen müssen, dass solche Seuchenereignisse zukünftig häufiger auftreten und auch länger andauern. Besonders wichtig ist es daher, dass Bund und Länder unter Einbeziehung der Wirtschaftsbeteiligten und der Wissenschaft zu einer abgestimmten Vorgehensweise im Seuchenfall finden.“, bekräftigte der Minister Dr. Backhaus.

„Zudem werden wir nicht umhinkommen, die Mindestanforderungen an die Produktionssysteme der Freilandhaltung zu überdenken. Dazu müssen die EU-Vermarktungsnormen angepasst werden. Auch sollte der Zugang zum Freien nicht der einzige Unterschied zur Bodenhaltung sein. Nur so wird es uns in Zeiten einer Aufstallung aufgrund der Geflügelpest gelingen, die längerfristige Vermarktung als Freilandeier gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu rechtfertigen.“, unterstrich der Minister eine zentrale Forderung Mecklenburg-Vorpommerns.

Des Weiteren veranlasste die nach wie vor angespannte Lage am Milchmarkt die Agrarminister zu einer erneuten Befassung mit diesem Thema. „Die jüngste Preiserholung ist erfreulich, aber noch kein Grund zum Aufatmen.“, so der Minister. „Die eingetretene Produktionszurückhaltung vieler Milchviehhalter insbesondere in den neuen Bundesländern hat sicher dazu beigetragen. Es ist jedoch immer noch nicht erkennbar, dass sich die Wirtschaftsbeteiligten ernsthaft auf volatile Märkte, Preise und Einkommen einstellen. Auch das Kartellamt weist in seinem am 13.03.2017 veröffentlichten Sachstandbericht auf deutliche Defizite bei den derzeitigen Lieferbeziehungen hin. „Damit sehe ich unsere Forderung an die Branche nach einer gleichberechtigten Ausgestaltung der Lieferbeziehungen bestätigt. Das bedeutet verbindlich vereinbarte und konkrete Vertrags- und Lieferkonditionen zu Menge, Preis und Laufzeiten. Offensichtlich tun sich die Verhandlungspartner schwer damit, die vielfach aufgeführten Lösungsansätze konsequent anzugehen. Deshalb drängen wir weiterhin auf eine Änderung des Artikel 148 der Gemeinsamen Marktordnung, der die Lieferbedingungen regelt.“, konstatierte Dr. Backhaus.

Die Haltung von Sauen in Kastenständen beschäftigte als drittes brennendes Thema der Tierhaltung die AMK. Die Ministerinnen, Minister und Senatoren einigten sich darauf, als Konsequenz aus dem Urteil des OVG Sachsen-Anhalt unverzüglich eine wirtschaftlich tragfähige und gleichzeitig tiergerechte Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutzV) auf den Weg zu bringen und damit die Haltungsbedingungen von Sauen deutlich zu verbessern. „Neben der Umsetzung des rechtskräftigen Urteils ist es uns besonders wichtig, dass wir endlich wieder zu einer langfristigen Planungssicherheit für die Betriebe kommen.“, erklärte der Minister die Intention des Beschlusses.

Zu den wichtigen agrarpolitischen Themen der AMK zählte ohne Zweifel auch die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). An dem vom Bund vorgelegten Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe entbrannte auf der Konferenz eine kontroverse Debatte. „Die von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe erarbeiteten Vorschläge sind aus meiner Sicht eine solide Grundlage für die in Fahrt kommenden Verhandlungen auf EU-Ebene zur zukünftigen Ausgestaltung der EU-Agrarpolitik. Damit ist noch nichts in Stein gemeißelt, das ist vielmehr ein fließender Prozess. Ich sehe daher keinen Grund, von den dort geeinigten Positionen abzuweichen.“, begründete der Minister seine ablehnende Haltung zu den vielfältigen Änderungsvorschlägen insbesondere der grüngeführten Agrarressorts.

„Wir stehen auch weiterhin für eine gemeinsame europäische Agrarpolitik ein. Aber wir drängen darauf, dass bei den Verhandlungen die Aspekte der Ökonomie, Ökologie und der sozialen Verantwortung für die ländlichen Räume stärker miteinander verknüpft werden. Im Vordergrund müssen dabei die nachhaltige Produktion und Versorgung mit hochwertigen Lebensmitteln sowie die Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft stehen – egal ob konventionelle oder ökologische Landbewirtschaftung. Davon wird maßgeblich die Zukunft der ländlichen Räume abhängen. Das verstehen wir unter dem Begriff „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“. Dazu müssen wir in der zukünftigen Agrarpolitik neue Wege einschlagen und wir brauchen vor allem einen massiven Bürokratieabbau.“, so der Minister. Weitere Einzelheiten können dem Bericht der Arbeitsgruppe entnommen werden, der als Anlage zum Protokoll auf der Internetseite der Agrarministerkonferenz veröffentlicht wird.

Auch die EU-Ökoverordnung war erneut Thema der AMK. „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass auch in der nunmehr dritten Ratspräsidentschaft in Folge keine erkennbare Bewegung in den Revisionsprozess gekommen ist. Damit muss man die Trilogverhandlungen zur Revision der EU-Ökoverordnung als gescheitert ansehen. Natürlich haben wir Verständnis dafür, dass Deutschland nicht einfach vom Verhandlungstisch aufsteht. Wir erwarten jedoch vom Bund, dass er die Position der deutschen Länder klar transportiert und für eine Änderung auf Basis der bestehenden EU-Ökoverordnung eintritt.“, bekräftigte der Minister die kritische Haltung der Länder.

Nicht zuletzt befasste sich die AMK auf Antrag Mecklenburg-Vorpommerns mit den Folgen des Brexit auf die Hochsee- und Kutterfischerei. Die deutsche Hochseefischerei erwirtschaftet in den Gewässern Großbritanniens zwei Drittel ihrer Jahresgesamtanlandungen und -erlöse. Mit 53.000 Tonnen Nordseehering werden jährlich mehr als 80 Prozent der Gesamtfänge beim Hering aus britischen Gewässern erzielt.

„Es steht zu befürchten, dass durch den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union für unsere heimische Fischerei traditionelle Fangmöglichkeiten in britischen Gewässern verloren gehen. Das hätte gravierende Folgen für die gesamte Küstenregion. Allein in Mecklenburg-Vorpommern wären rund 1.000 Arbeitsplätze in der Hochseefischerei, der Kutter- und Küstenfischerei sowie im verarbeitenden Gewerbe und im Tourismusbereich betroffen. Auch das 2005 in Betrieb genommene Fischbearbeitungszentrum Sassnitz/Mukran mit rund 230 Beschäftigten ließe sich nicht mehr wirtschaftlich betreiben. Wir müssen uns daher bei den Austrittsverhandlungen dafür einsetzen, dass die Zugangsrechte der deutschen Fischerei zu den Gewässern des Vereinigten Königreichs nicht eingeschränkt werden und deutsche Fischfangquoten langfristig erhalten bleiben.“, betonte Dr. Backhaus.

Schwerin - 31.03.2017
Text: Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt