Schülerbeförderung im Bildungsausschuss


Stellungnahme der Initiative Schülerbeförderung MV im Rahmen der öffentlichen Anhörung im Bildungsausschuss des Landtages MV zum Schulgesetz am 22. Februar 2017

Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes für das Land MV

Die Initiative Schülerbeförderung setzt sich seit Anfang 2015 für eine gerechtere Finanzierung der Schülerbeförderung in MV ein.
Insofern begrüßen wir das Anliegen der Landesregierung, im Rahmen einer Gesetzesänderung dafür zu sorgen, dass „…alle Schülerinnen und Schüler Mecklenburg-Vorpommerns hinsichtlich der Beförderungsansprüche gleichgestellt werden und eine Ungleichbehandlung beseitigt wird.„
Wir sind jedoch der Ansicht, dass dieses Ziel der Landesregierung nicht dadurch erreicht wird, dass das aktuell geltende Schulgesetz im Prinzip unverändert auf die kreisfreien Städte Rostock und Schwerin angewendet wird.

Welche Regelungen des Schulgesetzes sind aus unserer Sicht ungerecht?

Der § 113 des SchulG MV sieht vor, dass die Schülerbeförderungskosten nur für den Weg zur örtlich zustän-digen Schule übernommen werden.
Damit werden die SchülerInnen und ihre Familien schlechter gestellt, die ihr Recht auf freie Schulwahl wahrnehmen und eine andere, als die örtlich zuständige Schule wählen.

Um diese deutliche Ungleichbehandlung etwas abzumildern, sieht das SchulG MV im § 113 vor
„… [dass] SchülerInnen von örtlich unzuständigen Schulen kostenlos an der öffentlichen Schülerbeförderung

Wir schlagen drei Schritte auf dem Weg zu einer gerechteren Schülerbeförderung in MV vor:

1. Kostenlose Teilnahme aller SchülerInnen an der eingerichtetenSchülerbeförderung

Im Rahmen der geplanten Gesetzesänderung muss die Definition des Begriffes ‘eingerichtete Schülerbeförderung‘ im § 113 SchulG MV unmissverständlich klargestellt,bzw. durch eine geeignete Formulierung ersetzt werden.

Speziell wird hier der Landkreis Vorpommern Rügen (VR) angesprochen, der mit dem Verweis darauf, keine Schülerbeförderung eingerichtet zu haben, die oben angesprochene kostenlose Teilnahmevon SchülerInnen* entsprechend § 113 Abs. 2 SchulG MV ablehnt.Der Landkreis VR vertritt die Auffassung, dass er für die Beförderung der SchülerInnen statt einer eingerichteten Schülerbeförderung den normalen Linienverkehr der Verkehrsgesellschaft Vorpommern-Rügen mbH (VVR) nutzt und der VVR lediglich die Kosten der Schülerfahrkarten erstattet(Erstattungsverfahren).

Da der Landkreis VR damit aus seiner Sicht keine Schülerbeförderung eingerichtet hat, unterbindet er die kostenlose Nutzung der (Schul)busse durch SchülerInnen* auf dem Weg zu der von Ihnen gewählten Schule und hebelt damit die Regelungen des § 113 Abs. 2 SchulG MV aus.

Das Innenministerium MV, das Verwaltungsgericht Greifswaldund der Städte-und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpommernhaben in der Vergangenheit mehrfach darauf verwiesen, dass es sich bei der Schülerbeförderung um eine Pflichtaufgabe der Landkreise handelt. Die von Seiten des Landkreises VR praktizierte Kostenerstattung lasse nicht den Rückschluss zu, dass keine Schülerbeförderung eingerichtet sei.In der Anlage finden Sie eine Zusammenstellung entsprechender Schreiben.

Um diesen seit Jahren gärenden Streitpunkt zwischen den betroffenen Familien und den Trägern der Schülerbeförderung endgültig zu klären, bitten wir um eine eindeutige Klarstellung des Begriffes ‘eingerichtete Schülerbeförderung‘ anlässlich der aktuell geplanten Gesetzesänderung!

2. Übernahme der Schülerbeförderungskosten zur örtlich zuständigen Schule für alle SchülerInnen in Mecklenburg-Vorpommern

Als weiteren Schritt in Richtung der von der Landesregierung angestrebten Beseitigung von Ungleich-behandlungen, schlagen wir vor, den § 113 des SchulG MV dahingehend zu ändern, dass für alle SchülerInnen die Kosten der Schülerbeförderung in der Höhe übernommen werden, die für den Weg zur örtlich zuständigen Schule entstehen –unabhängig davon, welche Schule besucht wird und wo diese liegt.

Aktuell stellen sich die Landkreiseals Träger der Schülerbeförderung -trotz der gesetzlichen Vorgaben des § 113 SchulG MV -auf höchst unterschiedliche Art und Weise der Aufgabe, gerechte Lösungen für die Kinder und Jugendlichen zu finden, die eine unzuständige Schule besuchen.

In der Regel verlangen diese unterschiedlichen Varianten die bestehende Gerechtigkeitslücke zu schließen, dass die Landkreise Mittel aus dem Bereich der freiwilligen Leistungen einsetzen, die dann an anderer Stelle fehlen.

Es steht zu befürchten, dass zukünftig nicht nur der Landkreis VR, sondern zusätzlich weitere Landkreise vor dem Hintergrund finanzieller Engpässe die freiwilligen Leistungen streichen (müssen), die bisher zumindest auf der Landkreisebene gerechtere Lösungen bei der Schülerbeförderung ermöglicht haben.

Um eine landesweite gerechte Lösung der Schülerbeförderung in Mecklenburg Vorpommern zu realisieren, sind Sie als Politiker und Gesetzgeber gefragt. Die Landkreise sind mit dieser Aufgabe absehbar überfordert.

3. Einführung eines landesweiten Schülertickets

Als umfassende Lösung für eine gerechte und zukunftsfähige Schülerbeförderung schlagen wir vor, die Subventionen für den Schülerverkehr und Teile der Subventionen für den öffentlichen Nahverkehr zu bündeln und für ein Schülerticket einzusetzen. Ein finanzieller Anteil der Eltern zum Schülerticket soll dazu beitragen, dass diese Vision realisier-und bezahlbar wird.

Wir sind überzeugt, dassdie flächendeckende Einführung eines günstigen, familienfreundlichen und zu jeder Zeit gültigen Schülertickets ein sinnvollerAnsatz im Bereich der Daseinsvorsorge unseres Landes ist.

Mit einem Schülerticket können die bestehenden Gerechtigkeitslücken bei der Finanzierung der Schülerbeförderung geschlossen und zugleich die Zukunftsperspektiven für den öffentlichen Nahverkehr inMV verbessert werden.

Uns ist klar, dass dieser Schritt nicht im Rahmen der aktuellen Gesetzesänderung realisierbar sein wird. Wir möchten dafür werben, das Thema eines landesweiten Schülertickets im Vorfeld der anstehenden größeren Schulgesetzesänderung im Jahr 2018 frühzeitig zu bearbeiten.

Anlagen

Ministerium für Inneres und Europa Mecklenburg-Vorpommern, Schreiben an Armin Latendorf vom 08.12.2016

Zitat Seite 2 (Absatz 2, 3 und 4):

„Frage 3 lautet: „Gilt eine über den normalen Linienverkehr im ÖPNV organisierte Schülerbeförderung, wie sie in den Landkreisen Mecklenburg-Vorpommerns allgemein üblich ist, als eingerichtete öffentliche Schülerbeförderung im Sinne des Schulgesetzes oder nicht? Wenn ja wie soll eine kostenlose Teilnahme von Schülern örtlich unzuständiger Schulen organisiert werden?„

Seitens des Bildungs- und des Innenministeriums wird die Auffassung vertreten, dass der Linienverkehr des ÖPNV durchaus als Äquivalent für eine öffentlich eingerichtete Schülerbeförderung verstanden und gewertet werden kann, weil er in nicht unerheblichem Umfang auch dem Schülerverkehr dient. Gestützt wird diese Auffassung auch durch die verwal-tungsgerichtliche Rechtsprechung aus der jüngsten Vergangenheit. Das Verwaltungsgericht Greifswald hat in einem Urteil vom 07.07.2015 (Az.: 4 A 420/13), das die gesetzlich geregelte Schülerbeförderung zum Gegenstand hatte, in einem obiter dictum geäußert, dass die zuständige Kammer die im Landkreis Vorpommern-Rügen bestehende Schülerbeförderung, die in den ÖPNV integriert ist, als Schülerbeförderung im Sinne des Gesetzes ansieht.

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung ergibt sich, dass Schüler und Schülerinnen, die eine örtlich unzuständige Schule besuchen, eine Schülerzeitfahrkarte bis zur örtlich zuständigen Schule bzw. eine anteilige Kostenerstattung erhalten können.„

Urteil Verwaltungsstreitverfahren Az.: 4 A 420/13 vom 07.07.2015

Ministerium für Inneres und Europa Mecklenburg-Vorpommern, Schreiben an Landrat Drescher vom 08.07.2016

Zitat Seite 2 (Absatz 3, 4und 5)

„… Nach hiesiger Rechtsauffassung kann sich der Landkreis[Vorpommern-Rügen] der Pflicht zur Mitnahme von Schülern nach § 113 SchulG M-V nicht dadurch entziehen, dass er überhaupt keinen Schülerverkehr organisiert. Da der Linienverkehr des ÖPNV(auch und sicherlich in einem nicht unbedeutenden Umfang) dem Schülerverkehr dient, kann dieser durchaus als Äquivalent für eine öffentlich eingerichtete Schülerbeförderung verstanden und gewertet werden.

Hiesigerseits wird die Auffassung vertreten, dass alle Schüler, die den Linienverkehr benutzen, gemäß der Vorgaben des § 113 SchulG M-V kostenlos zu befördern sind. Das bedeutet, dass zumindest jene Schüler, die im selben Bus sitzen, der sowohl die örtlich zuständige als auch die örtlich unzuständige Schule anfährt, die Aufwendungen der Fahrkosten bis zur örtlich zuständigen Schuler erstattet bekommen sollten.

Nach Ansicht des Innenministeriums wäre es darüber hinaus sachgerecht, § 113 Abs. 2 SchulG M-V im Sinne der Gleichbehandlung so auszulegen, dass eine anteilige Kostenerstattung für alle Schüler gleichermaßen gilt –unabhängig davon, in welcher Himmelsrichtung sich die Schule befindet. Es würde gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GGverstoßen, wenn Schülerbeförderungskosten dann (gar) nicht erstattet werden würden, weil der Schüler eine weiter entfernte Schule besucht, obwohl sich am Wohnort des Schülers oder zwischen Wohn-und gewähltem Schulort eine Schule der entsprechenden Schulart befindet, deren Besuch (lediglich) aus schulorganisatorischen Gründen nicht ausgeschlossen ist. Der Ausschluss jeglicher Erstattung beim Besuch einer weiter entfernten Schule stellt eine Ungleichbehandlung gegenüber dem Besuch der nächstgelegenen Schule dar, der durch sachliche Gründe nicht gerechtfertigt ist. Insoweit könnte z.B. der km-Radius zur örtlich zuständigen Schule angesetzt werden. Eine Erstattung der notwendigen Aufwendungen könnte dann spitz oder pauschal erfolgen.

Städte-und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpommern e.V. an die Bürgermeistern von Bergenauf Rügen Anja Ratzke vom 30.03.2016

Weitergehende Informationen stellt der Landtag unter folgendem Link zur Verfügung: Link zur Verfügung: Weitergehende Informationen stellt der Landtag unter folgendem Link zur Verfügung: https://www.landtag-mv.de/landtag/ausschuesse/ausschuesse/bildungsausschuss/oeffentliche-anhoerungen.html#c7581

Bergen (Rügen) - 24.02.2017
Text: Initiative Schülerbeförderung MV