Naturnahe Entwicklung der Lewitz


Naturnahe Entwicklung der Lewitz braucht viele Partner

Anlässlich der Debatte über das EU-Vogelschutzgebiet Lewitz in der aktuellen Sitzung des Landtages erklärt der Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt, Dr. Till Backhaus:

„Das EU-Vogelschutzgebiet Lewitz DE2535-402 ist mit 16.477 Hektar ein flächenmäßig großes Natura 2000-Gebiet - eines der größten Schutzgebiete in unserem Land. Wie bekannt sein dürfte wurde dieses ehemals aktive und gesunde Moorgebiet mit einer abwechslungsreichen Wald- und Wiesenlandschaft in mehreren Etappen stark entwässert, um eine intensive agrarische Nutzung zu etablieren und immer weiter auszubauen.

Diesen Prozess müssen wir uns vor Augen führen: früher wurden Moore umfunktioniert, um dem Hunger zu begegnen. Aus heutiger Sicht ein Fehler im Kampf gegen den Klimawandel.

Heute durchzieht ein hochkomplexes System aus Gräben, Durchlässen, Staubauwerken, Deichen, Dämmen und Bundeswasserstraße das ehemalige Moorgebiet „Lewitz“ und umgibt die bekannte großflächige Fischteich-Anlage.

Im Ergebnis der Struktur- und Nutzungsänderungen sind heute ehemalige Moorauflagen teilweise komplett verschwunden oder sehr stark degradiert. Nicht nur im Sommer staubt es auf Wiesen und Weiden aufgrund von Moorschwund und Wassermangel. Auf ehemaligen Moorflächen wird Mais angebaut, Erlenbestände sterben ab, das Wasserdargebot verschlechtert sich aufgrund der klimatischen Veränderungen und der dokumentierte einstige Artenreichtum ist Geschichte. Das EU-Vogelschutzgebiet Lewitz und dessen maßgebliche Gebietsbestandteile ebenso wie die Moorböden befinden sich unzweifelhaft in einem ungünstigen oder sehr schlechten Erhaltungszustand.

Eins ist aber auch klar: Mecklenburg-Vorpommern hat bereits sehr früh die Klimarelevanz der Moore verstanden und betont – das sieht man im Klimaschutzkonzept des Landes von 1997.“, führt der Minister weiter aus und ergänzt:

„Unser Moorschutzkonzept aus dem Jahre 2000 war eines der ersten in Deutschland. Die überarbeitete Fassung von 2009 betonte weltweit erstmalig Nutzungskonzepte wie Paludikultur und Kohlenstoffzertifikate. Ein neuer Entwurf wird aktuell erarbeitet und Ende Oktober vorliegen. Die Berücksichtigung ökonomisch tragfähiger Nutzungskonzepte ist ein wesentlicher Punkt, der so in anderen Ländern lange nicht aufgegriffen wurde. Die 2012 gestarteten MoorFutures waren die weltweit ersten Kohlenstoffzertifikate überhaupt. Die Fachstrategie Paludikultur war ebenfalls die erste ihrer Art.

Diese Vorreiterrolle des Landes wurde mit weiteren aktuellen Entwicklungen und Instrumenten untermauert:

1. Einrichtung Kompetenzzentrum Ökowertpapiere 2021, hier gibt es mittlerweile verstärkt Anfragen von landwirtschaftlichen Betrieben,
2. Taskforce Moorschutz inklusive fünf Fach-Arbeitsgruppen,
3. EFRE-Förderung auf Basis von Pauschalen,
4. Aufbau und Einrichtung einer Moorschutzagentur mit Bundes- und Landesmittel.

Moore machen 288.000 Hektar, das heißt 12,5 Prozent der Landesfläche in MV aus.

Mein Fazit ist deshalb:

1. Moorschutz ist mehr als Klimaschutz durch Wiedervernässung.

Wir benötigen integrative Lösungsansätze.

2. Moorschutz muss als gesamtgesellschaftlicher Veränderungsprozess verstanden werden. Jeder muss in seinem Handlungsfeld Verantwortung übernehmen.
3. Die größten und schnellsten Effekte können mit Änderungen in der Bewirtschaftung der Moorböden erzielt werden.
4. Moorschutz muss in M‐V auf mindestens 130.000 ha stark emittierenden Mooren umgesetzt werden, damit die Klimaschutzziele des Landes bis 2040 annähernd erreicht werden können.
5. Landeseigene Flächen (+ BVVG/Bundesflächen) müssen einen elementaren Beitrag zum Moorschutz leisten.
Moorschutzziele müssen Flächen‐ und Projektscharf priorisiert werden.
7. Die Umsetzung muss der gesellschaftlichen Kontrolle unterliegen.

Schließlich fasst auch die nationale Moorschutzstrategie die wesentliche Bedeutung der Moore zusammen:

Moore sind Lebensraum, Moore sind Kohlenstoff­speicher, Moore sind Wasserspeicher und Nährstoffsenke, Moore sind Archive der Natur- und Kulturgeschichte.

Dass die aktuelle Situation dramatisch ist und geändert werden muss, daran kann es keinen Zweifel geben“, fasst Backhaus zusammen.

„Eine schnelle Änderung aufgrund der benannten umfangreichen zu betrachtenden Einzelaspekte und ihrer Verzahnung miteinander ist kurzfristig unmöglich. So sind nicht zuletzt auch die vorhandenen Eigentumsstrukturen von Relevanz. Die Lewitz und das gleichnamige EU-Vogelschutzgebiet können nur im Gesamtzusammenhang aller Aspekte betrachtet und anschließend einer erfolgreichen Gesamtlösung zugeführt werden.

Unter Verweis auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage (Drucksache 8/1162) betone ich erstens, dass mit den Datenerfassungen zur Vorbereitung der Vogelschutzgebiets-Managementplanung bereits begonnen wurde, zweitens eine Studie zu möglichen zukünftigen Szenarien der Lewitz-Fischteiche beauftragt ist, drittens Szenarien für einen verbesserten Wasserhaushalt in der Waldlewitz entwickelt werden und viertens die Ermittlung des Wasserdargebotes auf der einen sowie der Ansprüche an Wasserbereit­stellungen auf der anderen Seite erfolgt.

Die Landesregierung hat dieses Problem also nicht nur im Blick, sie arbeitet bereits mit Nachdruck daran, eine zukunftsfähige Lösung herbeizuführen. Wir können und werden in der Lewitz aber nicht den zweiten vor dem ersten Schritt tun, sondern wir werden unsere Entscheidungen auf der Basis solider Daten sowie fach- und sachgerechter Bewertungen treffen“, so der Minister abschließend.

Schwerin - 06.10.2022
Quelle: Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt